Wir drücken unsere Emotionen durch unseren Körper aus. Und so "spricht" unser Körper mit uns und unserem Umfeld. Und wenn der Körper spricht, so lügt er nicht. Denn eine Emotion ist immer eine automatische Antwort des Körpers auf eine bestimmte Situation – das Blitzen der Augen vor Lust, das Erröten des Gesichtes, wenn wir bei einer Ausrede oder Lüge ertappt werden. Der Körper spricht, das Gehirn liest und wir werden uns dadurch erst unserer Gefühle bewusst.

Ein Gefühl erleben wir erst, wenn wir eine Emotion bewusst wahrnehmen – wie etwa Freude oder Scham. Emotionen sind meist unbewusst, aber sichtbar. Gefühle sind bewusst, aber nicht sichtbar (vgl. Damasio 2018: 57f).
Damasio (2018: 38) erklärt dies so: Emotionen sind Bewegungen des Körpers, die größtenteils öffentlich und sichtbar für andere sind, während sie sich im Gesicht, in der Stimme und in bestimmten Verhaltensweisen zeigen. Gefühle jedoch, wie auch unsere Vorstellungen, bleiben verborgen und sind nur erkennbar für uns selbst , dem rechtmäßigen Besitzer oder der Besitzerin, in dessen Gehirn sie sich gerade abspielen (vgl. Damasio 2018: 38).
Wenn wir die Emotion als Auslöser der Körpersprache verstehen wollen, stolpern wir unweigerlich über die Frage was war zuerst da: „Henne oder Ei“ – "Emotion oder Körperausdruck".
Löst die Emotion die Körpersprache aus oder läuft die Reaktion des Körpers den Gefühlen voraus wie eine Bugwelle dem Schiff (vgl. Klein 2013: 33)?
Versuche aus dem Labor der Damasios (Antonio Damasio und seine Frau Hanna) zeigen, wie sich Freude und Widerwille, Angst und Wut tatsächlich zuerst im Körper abspielen und, dass Gefühle tatsächlich den Reaktionen des Körpers folgen. Damasio (2018: 14) half bei seinen Forschungen über Gefühle die Erkenntnis, dass Emotion und Gefühl zwar Zwillinge sind, die Emotion aber vor dem Gefühl da ist, sodass Letzteres Ersterem immer, wie ein Schatten folgen muss. Trotz der Verbundenheit und scheinbaren Gleichzeitigkeit geht die Emotion, ausgedrückt durch den Körper, dem Gefühl immer voraus (vgl. Damasio: 2018: 14). Bewusst wird uns eine Emotion erst dann, wenn das Großhirn sie verarbeitet hat (vgl. Klein 2013: 33ff).
Und noch bevor (Klein 2013: 29) man selbst oder die Menschen in unserer Umgebung den Anflug eines Lächelns wahrnehmen, hat sich im Gesicht bereits einiges getan. Der Jochbeinmuskel, der die Mundwinkel nach oben zieht, hat sich etwas angespannt. Der Augenringmuskel, der Lachfalten hervorbringt, hat sich ebenfalls zusammengezogen. Dafür hat sich der Augenbrauenmuskel gelöst: Der so genannte Korrugator, der bei Ekel, Trauer und Furcht die Miene des Entsetzens erzeugt, indem er die Brauen hinaufzieht, ist jetzt nicht im Einsatz.
Man lächelt. So sieht Freude aus.
Wie alle Gefühle nimmt das Gefühl von Freude seinen Ausgang ebenso sehr im Körper wie im Gehirn (vgl. Klein 2013: 29). Es entsteht spontan, oft unbewusst und findet seinen Ausdruck durch den Körper und im Fall eines Lächelns zeigt es sich im Gesichtsausdruck – der Mimik.
„Die Idee dahinter ist einfach, aber von zentraler Bedeutung: Emotionen haben sich in der Evolution entwickelt, damit wir rasch auf entscheidende, lebenswichtige Ereignisse in unserem Leben reagieren können.“ - Paul Ekman 2017: 26)
Und auch auf Shakespeare ist immer Verlass, denn so viel ist sicher – alles steht schon bei Shakespeare. Im letzten Akt von Richard II. als die Krone verloren und der Kerker unausweichlich ist, erläutert Richard Bolingbroke unwissentlich den Unterschied zwischen Emotion und Gefühl in dem er sein Gesicht im Spiegel betrachtet und dann erklärt:
„Es ist wahr, mein Gram wohnt innen ganz, und diese äußern Weisen der Betrübnis, sind Schatten bloß vom ungeseh'nen Gram, der schweigend in gequälter Seele schwillt.“ - Shakespeare
Dazu weiß auch Ekman (2017: 77):
„Emotionen sind nun mal keine Privatangelegenheit. Die meisten Gefühle lassen über ein charakteristisches Signal andere wissen, was wir empfinden. Gedanken dagegen sind völlig privat.“ - Paul Ekman 2017: 77
Ekman macht weiter darauf aufmerksam:
„Keinerlei äußerliches Signal verrät anderen Menschen, (…) was wir denken. Auf Emotionen trifft das nicht zu. Zwar mögen sich einzelne Menschen in ihrer Expressivität unterscheiden, doch unsichtbar und unhörbar verlaufen unsere Emotionen nie.“ - Paul Ekman 2017, 78
Und während Richard Bolingbroke in Shakespeares Richard den II. einen Spiegel benötigt, um sich seiner Gefühle gewahr zu werden, waren sie für alle anderen schon sichtbar „verkörpert“ worden und haben sein Umfeld wissen lassen, was er empfindet.
Merke:
"Wenn der Körper spricht, so lügt der nicht!"
Und so haben wir hier in diesem Artikel mit einem „Ausflug in unser Oberstübchen“ begleitet von Damasio, Klein, Ekman und sogar Shakespeare, die Emotion als Auslöser von nonverbaler Kommunikation „überführt“ – und, dass Emotionen alles andere als Privatangelegenheit sind bewiesen (vgl. Ekman 2017: 77).
Herzlichst, besinnlichen Advent, alles Liebe,
eure Silvia
Kontakt:
Mag. (FH) Silvia Faulhammer, MSc.
Quellen, Inspiration, Literatur (und Buchempfehlungen):
Damasio, Antonio R. (2018): Der Spinoza-Effekt. Wie Gefühle unser Leben bestimmen. Berlin: List Taschenbuch Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH.
Damasio, Antonio R. (2018): Descartes `Irrtum. Fühlen, Denken und das menschliche Gehirn. Berlin: List Taschenbuch Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH.
Ekman, Paul (2017): Gefühle lesen. Wie Sie Emotionen erkennen und richtig interpretieren. Berlin Heidelberg: Springer Verlag.
Klein, Stefan (2010): Das Geheimnis des Lächelns. In: Die Glücksformel. Oder wie die guten Gefühle entstehen. Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. S. 21-40.
Molcho, Samy (2013): Körpersprache. München: Wilhelm Goldmann Verlag
Navarro, Joe (2021): Menschen lesen. Ein FBI-Agent erklärt, wie man Körpersprache entschlüsselt. München: mvg Verlag
Faulhammer, Silvia (2022): Wie digitale Kommunikationsmittel die Wahrnehmungsfähigkeit, Körpersprache zu interpretieren, verändern. Generation digitaler "PSEUDO-AUTISTEN"? München: Grin Verlag
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