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Schubladendenken als Chance

Autorenbild: silviafaulhammersilviafaulhammer

Aktualisiert: 16. Jan.

Schubladendenken – das klingt im ersten Moment negativ. Schnell gesteckt in eine Kategorie, reduziert auf eine einzige Facette der eigenen Persönlichkeit. Doch was, wenn wir diesen Mechanismus bewusst und konstruktiv einsetzen könnten, um Teamarbeit zu stärken und das Potenzial aller Mitglieder optimal zu entfalten?



Warum Schubladendenken eine Chance sein kann


Unser Gehirn liebt Ordnung. Es kategorisiert, filtert und sortiert, um unsere komplexe Welt greifbarer zu machen. Diese automatischen Prozesse helfen uns, schnelle Entscheidungen zu treffen und Zusammenhänge zu erkennen. In der Teamarbeit jedoch bergen sie Gefahren: Wir neigen dazu, Menschen zu schnell in Schubladen zu stecken – die kreativen Chaotin, der Zahlenfreak, der ewige Kritiker. Doch genau hier liegt auch eine große Chance: Rollenmodelle können Orientierung bieten, wenn wir sie flexibel und bewusst einsetzen.


Typologien als Werkzeug, nicht als Diagnose


Modelle wie das Belbin-Teamrollen-Modell oder Tests wie der MBTI (Myers-Briggs-Typenindikator) sollten nie dazu verwendet werden, Mängel zu diagnostizieren oder Menschen auf Defizite zu reduzieren. Stattdessen liegt ihr Wert darin, Stärken sichtbar zu machen und Potenziale zu entfalten. Wenn solche Modelle flexibel eingesetzt werden und Raum für persönliche Entwicklung lassen, kann sie eine große Bereicherung sein.


Rollenmodelle im Vergleich: Vielfalt als Stärke


Jedes Team hat seine Stars – die Ideengeber*innen, die Netzwerker*innen, die Pragmatiker*innen. Aber warum funktioniert manches Team wie ein Uhrwerk, während andere in Reibungsverlusten stecken bleiben? Die Antwort liegt oft in der Balance der Teamrollen. Verschiedene Modelle wie Belbin, DISG, MBTI oder Insights Discovery helfen dabei, diese Balance herzustellen.


Das Belbin-Teamrollen-Modell: Vielfalt, die funktioniert


Ein kurzer Blick auf Ihr eigenes Team zeigt oft klare Muster: Wer bringt die besten Ideen ein? Wer hält die Gruppe zusammen? Und wer behält immer den Überblick, wenn es um die Umsetzung geht? Jedes Teammitglied trägt auf seine Weise dazu bei, dass die Zusammenarbeit gelingt – bewusst oder unbewusst.


Nach Meredith Belbin gibt es in einem idealen Team neun Rollen, die sich perfekt ergänzen. Sein Modell, erstmals 1981 vorgestellt und anschließend kontinuierlich weiterentwickelt, hat bis heute nichts an Aktualität verloren. Warum? Weil es sich von starren Persönlichkeitsmustern löst und stattdessen den Fokus auf Verhaltensweisen legt.


Rollenpräferenzen, auch natürliche Neigungen, bestimmte Rollen einzunehmen, sind nicht starr. Belbin sieht sie eigentlich als flexible Verhaltenspräferenzen – und genau hier liegt die Stärke des Modells. Denn nicht jede*r passt in jede Rolle, und das ist auch gut so.


Was macht das Modell so wertvoll? Es hilft, die Dynamik im Team sichtbar zu machen und zu reflektieren: Wer übernimmt welche Aufgaben? Welche Rollen sind stark besetzt? Wo gibt es vielleicht Lücken? Durch diese Klarheit wird nicht nur das Verständnis füreinander gefördert, sondern auch die Zusammenarbeit optimiert.


Die Kernbotschaft ist einfach: Erfolgreiche Teams setzen auf Vielfalt. Unterschiedliche Aufgaben erfordern unterschiedliche Stärken – und damit auch unterschiedliche Rollen. Während in der Anfangsphase eines Projekts ein Koordinator entscheidend sein kann, braucht es später die Energie und Zielstrebigkeit eines Gestalters, um das Vorhaben erfolgreich abzuschließen. Und genau diese Dynamik macht das Modell so spannend: Führung und Rollen verändern sich, je nach Phase und Ziel.


Mit den neun Teamrollen gibt Belbin uns ein kraftvolles Werkzeug an die Hand, um die Zusammenarbeit im Team bewusster und erfolgreicher zu gestalten. Es zeigt, dass Vielfalt keine Schwäche ist, sondern die größte Stärke eines Teams.

Die neun Rollen:


• Kommunikationsorientierte Rollen:

Koordinator*in: Führt das Team zusammen, klärt Ziele.

Teamplayer*in: Sorgen für Harmonie und fördert die Zusammenarbeit.

Netzwerker*in: Baut externe Verbindungen auf und bringt neue Impulse.

• Wissensorientierte Rollen:

Neuerer*in: Bringt kreative Ideen und Innovationen ein.

Beobachter*in: Bewertet Machbarkeit und Risiken von Vorschlägen.

Spezialist*in: Verfügt über tiefgehendes Fachwissen.

• Handlungsorientierte Rollen:

Gestalter*in: Treibt Prozesse voran, setzt Ziele und Prioritäten.

Umsetzer*in: Wandelt Pläne in konkrete Handlungen um.

Perfektionist*in: Achtet auf Details und sichere Qualität.


DISG: Klare Kommunikation, klare Ergebnisse


Das DISG-Modell besticht durch Einfachheit. Es reduziert Verhaltenspräferenzen auf vier Dimensionen – Dominant, Initiativ, Stetig und Gewissenhaft – und hilft Teams, Kommunikationsstile besser zu verstehen. Wer häufig mit Missverständnissen oder Konflikten zu kämpfen hat, findet hier eine wertvolle Methode, um Harmonie und Effektivität zu steigern.


MBTI: Die Kunst der Selbstreflexion


Während DISG die Kommunikation konzentriert, bietet der MBTI einen tiefen Einblick in die Persönlichkeit. Er zeigt, wie Teammitglieder Informationen verarbeiten, Entscheidungen treffen und ihre Umwelt wahrnehmen. Der MBTI ist weniger ein Teaminstrument als ein Werkzeug zur Selbstreflexion – perfekt für Führungskräfte, die ihre eigene Wirkung verstehen wollen.


Insights Discovery: Farben, die Teams verbinden


Mit seiner eingängigen Farbsymbolik – Blau, Grün, Gelb und Rot – bietet Insights Discovery eine intuitive Methode, um Teamdynamiken zu verstehen. Es eignet sich besonders für Unternehmen, die nach einer leicht verständlichen und visuellen Lösung suchen, um Diversität im Team sichtbar zu machen.


Tipps für den bewussten Einsatz


  1. Reflektieren statt kategorisieren: Nutzen Sie Rollenmodelle, um Stärken zu erkennen, nicht, um Menschen festzulegen.

  2. Flexibilität fördern: Menschen wachsen, Rollen verändern sich. Lassen Sie Ihr Team Raum, neue Rollen auszuprobieren.

  3. Regelmäßig überprüfen: Stimmen die Rollenverteilungen noch mit den aktuellen Aufgaben überein? Flexibilität ist der Schlüssel.

  4. Das passende Modell wählen: Überlegen Sie, welches Modell zu Ihrem Team passt – braucht es Struktur mehr (Belbin), bessere Kommunikation (DISG) oder ein tieferes Verständnis (MBTI)?


Fazit:

Schubladen ja, aber mit offenen Seiten


Ob Belbin, DISG, MBTI oder Insights Discovery – alle diese Modelle haben ihre Berechtigung und ihren Wert, wenn sie richtig eingesetzt werden. Sie sollen nicht dazu dienen, Menschen auf Kategorien zu reduzieren, sondern dabei helfen, Verhaltensmuster zu erkennen und Potenziale zu entfalten. Der Fokus sollte darauf liegen, Stärken sichtbar zu machen und die Vielfalt innerhalb eines Teams zu fördern, ohne die Weiterentwicklung zu blockieren oder Vorurteile zu verstärken.


Schubladendenken muss kein Hindernis sein, wenn wir es bewusst und flexibel einsetzen. Wichtig bleibt, den Menschen hinter der Rolle nicht aus den Augen zu verlieren.


Denn wahre Teamstärke entsteht, wenn alle Schubladen offenbleiben – bereit, Neues aufzunehmen und gemeinsam zu wachsen.


Kein Modell kann die Komplexität eines Menschen vollständig erfassen. Es sind Hilfsmittel, keine Schablonen. Der Mensch bleibt immer mehr als die Summe seiner Merkmale!


Und mal ehrlich …


»	„Welche Rolle nehmen Sie in Ihrem Team ein?“
»	„Welche Rollen bleiben in Ihrem Team unbesetzt, und wie könnte dies behoben werden?“
»	Wo verstecken sich Potentiale, Stärken und Ressourcen? 
»	Welche davon sind ungenutzt?“

Ich freue mich auf Feedback.

Denkt ihr in Schubladen?

Welche Teamrollen sind in euren Teams sichtbar?


Ich freue mich auf eure Rückmeldungen, eure Erfahrungen und über einen Austausch!


Mag. a (FH) Silvia Helga Faulhammer, MSc.,

desenz Agentur für Kommunikationsberatung

Josef-Schwer-Gasse 13 . 5020 Salzburg

Mobile Phone: +43 664 85 3 90 11



Quellen und Literatur:


Belbin Associates (2019): The Nine Belbin Team Roles. Online unter:


Belbin, R. Meredith (1981): Management Teams: Why they succeed or fail. Oxford:

Butterworth-Heinemann


Hofert, Svenja (2021): Agiler führen: Einfache Maßnahmen für bessere Teamarbeit, mehr

Leistung und höhere Kreativität. Wiesbaden: Springer Gabler


Hofert, Svenja & Visbal, Thorsten (2021): Teams & Teamentwicklung: Wie Teams funktionieren

und wann sie effektiv arbeiten. München: Vahlen

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