Womit? Mit unseren Emotionen.
Ja, wer hätte das gedacht. Bestimmte Emotionen lassen sich nicht unterdrücken.
„Was wir sind, sind wir durch unseren Körper. Der Körper ist der Handschuh der Seele, seine Sprache das Wort des Herzens. Jede innere Bewegung, Gefühle, Emotionen, Wünsche drücken sich durch unseren Körper aus. Was wir Körperausdruck nennen, ist der Ausdruck innerer Bewegungen.“ (Molcho 2013)
Diese wunderbar philosophische Umschreibung des Ausdrucks von Emotionen durch den Körper von Molcho (2013) findet in den Forschungen von Ekman die dazu passende Erklärung. Den Ausdruck bzw. die Auslöser von Emotionen hat Ekman erforscht als er sich im Jahr 1967 ins südöstliche Bergland Neuguineas begab, um dort die Kultur der Fore zu studieren. Er konnte, ausgestattet mit Aufnahmen von Gesichtsausdrucken, erstmals beweisen, dass der Körper durch Emotionen spricht und es eine universale Mimik gibt (Ekman 2017).
Henne oder Ei? Emotion oder Körperausdruck?
Was war zuerst da?
Wenn wir die Emotion als Auslöser der Körpersprache verstehen wollen, stolpern wir unweigerlich über die Frage was war zuerst da: „Henne oder Ei“ – Emotion oder Körperausdruck.
Löst die Emotion die Körpersprache aus oder läuft die Reaktion des Körpers den Gefühlen voraus wie eine Bugwelle dem Schiff (Klein 2013). Zum Verstehen von Körpersprache scheint das Klären dieser Frage vielleicht weniger wichtig, aber um ein Verständnis für die unbewussten Abläufe von Körpersprache zu erhalten durchaus. Versuche aus dem Labor der Damasios (Antonio Damasio und seine Frau Hanna) zeigen, wie sich Freude und Widerwille, Angst und Wut tatsächlich zuerst im Körper abspielen und, dass Gefühle tatsächlich den Reaktionen des Körpers folgen. Damasio (2018) half bei seinen Forschungen über Gefühle die Erkenntnis, dass Emotion und Gefühl zwar Zwillinge sind, die Emotion aber vor dem Gefühl da ist, sodass Letzteres Ersterem immer, wie ein Schatten folgen muss. Trotz der Verbundenheit und scheinbaren Gleichzeitigkeit geht die Emotion, ausgedrückt durch den Körper, dem Gefühl voraus (Damasio 2018). Bewusst wird uns eine Emotion erst dann, wenn das Großhirn sie verarbeitet hat (Klein 2013).
Und noch bevor (Klein 2013) man selbst oder die Menschen in unserer Umgebung den Anflug eines Lächelns wahrnehmen, hat sich im Gesicht bereits einiges getan. Der Jochbeinmuskel, der die Mundwinkel nach oben zieht, hat sich etwas angespannt. Der Augenringmuskel, der Lachfalten hervorbringt, hat sich ebenfalls zusammengezogen. Dafür hat sich der Augenbrauenmuskel gelöst: Der so genannte Korrugator, der bei Ekel, Trauer und Furcht die Miene des Entsetzens erzeugt, indem er die Brauen hinaufzieht, ist jetzt nicht im Einsatz. Man lächelt. So sieht Freude aus. Wie alle Gefühle nimmt das Gefühl von Freude seinen Ausgang ebenso sehr im Körper wie im Gehirn (Klein 2013). Es entsteht spontan, oft unbewusst und findet seinen Ausdruck durch den Körper und im Fall eines Lächelns zeigt es sich im Gesichtsausdruck – der Mimik.
Die grauen Zellen und unsere Gefühle
Navarro (2021) weiß die Antwort, warum wir Gefühle durch den Körper nonverbal zum Ausdruck bringen, ebenso wie Damasio (2018) und Eilert (2013), in unseren „grauen Zellen“ zu finden und spricht beim angeborenem Emotionsausdruck vom „limbischen Erbe“. Weil es für unser Überleben wichtig ist, ist das limbische Gehirn immer aktiv. Es ist unser emotionales Zentrum und eng vernetzt mit den anderen Gehirnarealen, die ihrerseits Einfluss auf unser Verhalten nehmen, vor allem wenn es um elementare Gefühle oder intuitive, überlebenswichtige Verhaltensweisen geht. Diese Verhaltensweisen – Reaktionen – finden im Gegensatz zur gesprochenen Sprache statt, ohne dass man nur einen Gedanken daran verschwenden muss. Diese (Überlebens-)Reaktionen des limbischen Gehirns sind nicht erlernt oder anerzogen, sie wurzeln tiefer im menschlichen Erbgut (Navarro 2021).
"Überlebens"-wichtig: Die Emotionen
„Die Idee dahinter ist einfach, aber von zentraler Bedeutung: Emotionen haben sich in der Evolution entwickelt, damit wir rasch auf entscheidende, lebenswichtige Ereignisse in unserem Leben reagieren können.“ (Ekman 2017)
Neurale Substrate auf allen Ebenen des Nervensystems
Wie bitte? Ich verstehe nur Bahnhof...
Damasio (2013) erklärt, dass Gefühle mentale Erfahrungen von Körperzuständen und bewusste Erkenntnisse durch den Körper ausgedrückte Emotionen sind. Gefühle bedeuten physiologische Bedürfnisse (wie etwa Hunger oder Durst), Verletzung (zum Beispiel Schmerz), optimale Funktion (zum Beispiel Wohlbefinden, Glück oder Freude), Bedrohung des Organismus (zum Beispiel Angst oder Wut) oder spezifische soziale Interaktionen (zum Beispiel Mitgefühl, Dankbarkeit oder Liebe). Emotionen und Gefühle sind wesentliche Bestandteile der Mechanismen der Lebensregulierung, von einfach bis komplex. Ihre neuralen Substrate befinden sich auf allen Ebenen des Nervensystems, von einzelnen Neuronen bis zu subkortikalen Kernen und kortikalen Regionen (Damasio 2018).
Shakespeare erklärt. Auf Shakespeare ist immer Verlass!
Und auch auf Shakespeare ist immer Verlass, denn so viel ist sicher – alles steht schon bei Shakespeare. Im letzten Akt von Richard II. als die Krone verloren und der Kerker unausweichlich ist, erläutert Richard Bolingbroke unwissentlich den Unterschied zwischen Emotion und Gefühl in dem er sein Gesicht im Spiegel betrachtet und dann erklärt:
„Es ist wahr, mein Gram wohnt innen ganz, und diese äußern Weisen der Betrübnis, sind Schatten bloß vom ungeseh'nen Gram, der schweigend in gequälter Seele schwillt.“
Und während Richard Bolingbroke in Shakespeares Richard den II. einen Spiegel benötigt, um sich seiner Gefühle gewahr zu werden, waren sie für alle anderen schon sichtbar „verkörpert“ worden und haben sein Umfeld wissen lassen, was er empfindet (Damasio).
Abschließend kann noch festgehalten werden, dass wie am Anfang versprochen wurde, mit einem „Ausflug in unser Oberstübchen“ begleitet von Navarro (2021) und Damasio (2018, 2013), die Emotion als Auslöser von nonverbaler Kommunikation sehr eindrücklich „überführt“ werden konnte – und, dass Emotionen alles andere als Privatangelegenheit sind (Ekman 2017).
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Mag. (FH) Silvia Faulhammer, MSc.
silvia.faulhammer@desenz.at
Literatur (und Buchempfehlungen):
Damasio, Antonio R. (2018): Der Spinoza-Effekt. Wie Gefühle unser Leben bestimmen. Berlin: List Taschenbuch Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH.
Damasio, Antonio R. (2018): Descartes `Irrtum. Fühlen, Denken und das menschliche Gehirn. Berlin: List Taschenbuch Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH.
Ekman, Paul (2017): Gefühle lesen. Wie Sie Emotionen erkennen und richtig interpretieren. Berlin Heidelberg: Springer Verlag.
Klein, Stefan (2010): Das Geheimnis des Lächelns. In: Die Glücksformel. Oder wie die guten Gefühle entstehen. Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. S. 21-40.
Molcho, Samy (2013): Körpersprache. München: Wilhelm Goldmann Verlag
Navarro, Joe (2021): Menschen lesen. Ein FBI-Agent erklärt, wie man Körpersprache entschlüsselt. München: mvg Verlag
Faulhammer, Silvia (2022): Wie digitale Kommunikationsmittel die Wahrnehmungsfähigkeit, Körpersprache zu interpretieren, verändern. Generation digitaler "PSEUDO-AUTISTEN"? München: Grin Verlag
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